Edda Eichler und Benedikt Raiser starten neues Marktkonzept mit Erzeugern
Frontenhausen. (au) In Frontenhausen sollen mit einem neuen Direktvermarktungskonzept, einer „Marktschwärmerei“, die regionalen Erzeuger gestärkt werden. Bisher haben sich neun Erzeuger auf der Online-Plattform angemeldet, etliche weitere sind noch im Anmeldeprozess. Die Kunden bestellen und bezahlen bis Donnerstagmorgen im Internet und holen am Freitagabend die Produkte in der Seyfriedhalle ab. In Landau gibt es das Konzept der Marktschwärmer bereits seit einem Jahr. Edda Eichler kam als Erzeugerin dazu und ist seither von den Marktschwärmern begeistert.
Im Gespräch mit dem Dingolfinger Anzeiger erklärten Edda Eichler und Benedikt Raiser die Umsetzung und den Hintergrund. Sie haben gemeinsam die Fairfood Frontenhausen GbR gegründet und sind verantwortlich für die Organisation der wöchentlichen Treffen und die Akquisition (Erzeugergewinnung). Edda Eichler und Benedikt Raiser werden als Gastgeber jeweils für die Organisation der lokalen Abholstelle verantwortlich sein. Benedikt Raiser ergänzt Edda Eichler im Marketing. Beide sprechen unterschiedliche Generationen an.
DA: Was steckt hinter dem Konzept der Marktschwärmer?
Eichler-Raiser: Die Vorteile erkennt man am besten unter dem laufenden Betrieb. Für die Erzeuger ist es viel angenehmer, wenn man nicht vier Stunden am Wochenmarkt stehen und vor und nachher stundenlang mit Auf- und Abbau beschäftigt ist. Es hat sich bewährt, nicht das ganze Sortiment präsentieren und am Ende wieder einiges mit nach Hause nehmen zu müssen. Die Bestellzeit endet 48 Stunden vor dem Abholtermin. Das heißt, der Erzeuger richtet nur exakt die bestellte Ware her, die er dann sehr frisch anliefern kann – aus Erzeugersicht ein großer Vorteil. Grundsätzlich ist es eine Verknüpfung zwischen Onlineshop und Wochenmarkt. Es sind nur regionale Erzeuger zugelassen, Zukauf ist untersagt.
Benedikt Raiser ergänzt: Ziele sind der direkte Zugang zu regionalen Lebensmitteln für alle und eine faire Bezahlung der Menschen, die sie erzeugen. Ein weiteres Kriterium ist die Nachhaltigkeit, die im Endeffekt durch die regionale Nähe gegeben ist. Die Erzeugnisse müssen nicht zwingend biologisch sein.
DA: Was ist langfristig das Ziel?
Edda Eichler: Ein Herzenswunsch ist, dass die Erzeuger als Gemeinschaft denken, nicht als Konkurrenten. In der Landauer Marktschwärmerei herrscht ein toller Teamgeist, das wünschen wir uns auch für Frontenhausen. Es soll ein großes Miteinander werden. Für die Erzeugnisse wünschen wir uns möglichst wenig und plastikfreie Verpackung. Das Ziel ist, die Wertschätzung für regionale Produkte zu steigern und das Konsumverhalten von der ständigen Verfügbarkeit, die Kunden beispielsweise in einem gut sortierten Supermarkt erwarten, eher zu der Überlegung zu führen: Was hat gerade Saison und ist regional derzeit verfügbar.
Die Marktschwärmerei Frontenhausen kann ihren ersten Verkauf starten, sobald sich 150 Kunden angemeldet haben. Das wird voraussichtlich Ende September/Anfang Oktober der Fall sein. Die Anmeldung verpflichtet zu nichts und ermöglicht es, das Angebot zu erkunden. Gestartet wird mit einem Grundsortiment aus Obst und Gemüse, Käse und Molkereiprodukten, Getreide (Mehl) und Backwaren, Geflügel, Fleisch, (auch Lammfleisch und Galloway) und Fisch, ergänzt durch Feinkostprodukte wie Essig und Öl, Marmeladen und Chutneys, Konfekt und sogar Kaffee aus regionaler Rösterei, das im Laufe der Zeit noch ausgebaut werden soll.
DA: Welche Vorteile bietet das Konzept der Marktschwärmer aus Erzeugersicht?
Edda Eichler: Die Erzeuger kommen einmal wöchentlich persönlich nach Frontenhausen, in die Gemeindehalle, um die Bestellungen auszuliefern und mit ihren Kunden zu reden. Wenn man sich als Kunde in einer lokalen Schwärmerei anmeldet, bekommt man im Wochenrhythmus eine unverbindliche Einladung, sich einen Warenkorb zusammenzustellen. Bezahlt wird gleich online. Zwei Tage später holt man den Korb in der Gemeindehalle, gegenüber dem Friedhof ab und trifft dort die Erzeuger, deren Produkte man kauft.
DA: Welche Vorteile bietet das Konzept den Kunden?
Benedikt Raiser: Das Modell Onlineshop ist inzwischen gang und gäbe. Spätestens seit Beginn der Corona-Zeit ist jeder damit vertraut, wie eine Online-Bestellung abgewickelt wird. Der Vorteil zum Wochenmarkt ist, dass der Zahlverkehr vor Ort wegfällt. Man hat die Produkte im Internet zu jederzeit im Überblick, was im Endeffekt viel Zeitersparnis bringt. Die Kunden müssen zum Beispiel nicht mehr jeden Erzeuger einzeln abfahren, sondern gehen in die Gemeindehalle und holen die gesamte Bestellung ab. Für viele Berufstätige ist der Besuch auf dem Wochenmarkt ja zeitlich nicht möglich, und dort gibt es auch zugekaufte Produkte, die lange Lieferketten hinter sich haben.
DA: Wie umfassend ist das Angebot?
Edda Eichler: Die Bürger werden sich wundern, wie viele regionale Erzeuger es bei uns gibt. Manche extrem engagierten, sozialen und ökologischen Landwirte werden gar nicht wahrgenommen, weil sie digitale Plattformen bisher nicht genutzt haben. Manche sind wiederum ganz präsent. Allein die Erstellung der Liste, wie viele regionale Erzeuger es bei uns gibt, war für uns überraschend. Wir versuchen, möglichst viele von ihnen zu überzeugen, sich bei den Marktschwärmern zu beteiligen und das Angebot mit ihren Produkten zu bereichern.
DA: Wer steht hinter dieser Idee?
Edda Eichler: Marktschwärmer Deutschland ist die Dachorganisation in Berlin, die den Onlineshop betreibt, das Bezahlsystem betreut und alle regionalen Schwärmereien unterstützt. Das Konzept kommt aber ursprünglich aus Frankreich und entwickelt sich gerade zu einer europäischen Bewegung. Das Interesse für dieses Konzept wächst in Deutschland, besonders bei Bio-Kunden. Neben dem Einkauf von regional produzierten landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln bieten die Schwärmereien Raum für neue Kontakte und persönlichen Austausch.
Aktuelle Informationen findet man im Internet unter www.fairfood-frontenhausen.de, auf der Seite der Marktschwärmer https://marktschwaermer.de/de/assemblies/13582 und den gängigen Social Media.